Warum wählen wichtig ist
von Robert Sperling
Ein langer Wahlkampf geht dieser Tage zu Ende. Nicht nur die Kandidaten sind erschöpft – auch die Wähler ächzen. Und schon bald werden wir wissen, wer das Ringen um die Wählergunst diesmal für sich entschieden hat. Wer Sieger ist – und wer Verlierer. Zumindest einen Sieger sollte es aber auf alle Fälle geben: Den Souverän, das „Wahlvolk“ – uns alle!
Denn so wichtig es ist, wählen zu gehen – damit allein ist es nicht getan. Überlegen Sie, liebe Leserin, geschätzter Leser daher in diesen letzten Tagen und Stunden vor dem Wahlgang noch einmal ganz genau, wem Sie Ihre Stimme geben – das ist genauso wichtig!
Zehn Parteien stellen sich diesmal der Wahl. Vielzahl bedeutet aber nicht zwingend Vielfalt, und Antipathie oder gar Feindschaft ersetzt kein Parteiprogramm. Solange Sie als Wähler von den Kandidaten und ihren Parteien keine echten Inhalte einfordern, werden Sie die auch nicht bekommen! Werfen Sie mit mir also einen letzten Blick auf das „Angebot“.
Da ist einmal die Großfraktion, seit 14 Jahren an der Regierung. Nach dem Rücktritt des – zugegebenermaßen – Ausnahmepräsidenten doch recht stark verunsichert, hat die Mannschaft zuletzt äußerst aggressiv Wähler gekeilt (Wir sagen dir, wo der Bartl den Most herholt). Präsident und Vizepräsidentin pflegen da, zumindest nach außen, einen deutlich subtileren Umgang. Ihr Stil ist das Erdrücken durch Umarmen und Vereinnahmen (… wir Atidler sind diejenigen, die ehrenamtlich, in unserer Freizeit, sozusagen als Hobby, in den letzten Jahren die Geschicke der Kultusgemeinde geleitet haben … Zitat Oskar Deutsch, Oktober 2012). Ja hallo geht’s denn noch? Haben die anderen 13 Kultusvorsteher die letzten Jahre im Vorstand vielleicht satt und faul verpennt, während die Mandatare der Großfraktion aufopfernd ihrem Hobby“ Kultusgemeinde leiten“ frönten? Ein Schelm, wer da Böses vermutet. Arroganz, Hybris, Chuzpe: Überlegen Sie genau, liebe Leserin, geschätzter Leser. Machen Sie sich ein Bild!
Einer, der die Arbeit für die Gemeinde nicht als Hobby betrachtet, sondern als … als was eigentlich ...? ist Martin Engelberg. Der selbsternannte Präsidentschaftskandidat will so sehr Präsident der Wiener Kultusgemeinde werden, dass ihm dafür- wie mittlerweile allgemein bekannt – jedes Mittel recht zu sein scheint. Auf den Vorwurf des (versuchten) Stimmenkaufs reagierte Engelberg so originell wie ein Alkolenker, der – aus dem Verkehr gezogen – auf andere Sünder weist und raunzt: Und die, die lasst ihr weiterfahren? Diese doch recht kindische Verteidigung beeindruckt Verkehrspolizisten in der Regel wenig. Wähler vermutlich auch nicht.
Zuletzt hat Kandidat Engelberg übrigens unverdrossen weitere Möglichkeiten sondiert, den Ruf der IKG-Wien zu unterminieren („Müssen Prioritäten neu setzen“, Interview in der Wiener Zeitung, Mitte Oktober). Kritik zu üben, auch scharfe, pointierte, ja selbst ab und an ungerechte! muss möglich sein. Dass jemand jedoch ohne Not nachhaltigen Schaden für die Gemeinde in Kauf nimmt, nur um sich öffentlich zu profilieren, braucht man nicht zu dulden, darf man nicht akzeptieren: Überlegen Sie also genau, liebe Leserin, geschätzter Leser. Machen Sie sich ein Bild!
Mit scharfer, pointierter und ab und an ungerechter Kritik ist eine neu gegründete Initiative zu Beginn des Wahlkampfs aufgefallen. Die, pardon, „leicht“ überzogene und aufgeregte Wichtigkeit der Startphase konnte man mögen – oder auch nicht. Überraschende Personalpolitik an der Spitze hat diese angriffige Controller-Truppe jedenfalls in ein gutbürgerlich anmutendes Wahlkränzchen gewandelt, auf das keiner gewartet hat. Denn nicht jede nette Person, die man gerne mal zum Kaffee trifft, muss man gleich in den Kultusvorstand wählen: Überlegen Sie genau, liebe Leserin, geschätzter Leser. Machen Sie sich ein Bild!
Programm statt Phrasen. Überzeugungen, nicht Lippenbekenntnisse. Weltbild statt Zeitgeist. Der bund sozialdemokratischer juden – avoda steht genau für diese Werte. Ein 100-jähriges „Traditionsunternehmen“ – das einzige in dieser Gemeinde und die einzige unter all diesen Fraktionen, die alle paar Jahre kommen und gehen, bei der klar ist, wofür sie steht.
Der bund hat seine Wurzeln, aber lebt seine Herkunft zeitgemäß. Er ist nichts und niemandem verpflichtet als den eigenen Prinzipien: Soziale Gerechtigkeit, partizipative Demokratie, ethnische, religiöse und kulturelle Vielfalt in der Einheit. Ein Korrektiv in der politischen Landschaft, kritisch, aber kooperativ. Unabhängig von persönlichen Befindlichkeiten und fern jeglichen Personenkults. Das Programm ist der Star …
Stärken Sie mit dem bund eine Kraft, die konstant, verlässlich und unaufgeregt ist. Machen Sie so auch die Politik der Kultusgemeinde konstant, verlässlich und unaufgeregt. Sie, liebe Leserin, geschätzter Leser, haben es in der Hand. Auch ihre Stimme entscheidet. Am 11. November.
Ihr Robert Sperling